ralf Peter countertenor

 

profil

partien

presse

hörproben

news

kontakt

lyrik  

 

 

 

 

 

 

Elegien

 

WESTBERLINER  ELEGIEN



Gedächtniskirche Breitscheidplatz


Auftritt, Gläser und Flaschen mit Milch und Honig, die klatschen
	über den Platz, sofort starrt das verwöhnte Parkett,
wie mein Kasperl zu Boden geht, und ich vor den steilen
	U-Bahnschächten bespei, bissigen Lefzen zum Trotz,
Kindergesichter, Schirme und Wände, der Beifall verdrückt sich
	langsam zur Seite, jetzt schnell, schluck das verwunschene Schwert,
staune hundert Minuten still, die Fesseln das Klingklang
	heller Glöckchen, im Hut keinen versilberten Knopf,
lauf die Kulissen hinunter, im falschen wärmenden Mantel 
	juckts ja nicht, vermeid Flecken an Ärmel und Bein,
da ist der Blick der Passanten zärtlich, verbeuge dich tief und 
	nicke niemandem zu, wie sich der Vorhang verfängt,
hat doch einer den Kopf ans Tor geklopft, dass es kracht, und
	nicht das erbärmlichste Licht will auf die Gasse, es ist
ausgeworfen, mein Lachen, kippt in den Graben, die Zähne
	hart am Pflaster, da stehn sämtliche Straßen ins Haus



Freibank Friesenstraße


noch mal kommt mir der Satz in den Kopf und ich höre nicht gleich und 
	muss auch nach Brot und Briketts überall Asche im Schnee
erst mal rüber zur Freibank ne Frau mit dicken Füßen die quellen
	über den Rand ihrer fein runtergetretenen Pumps
kauft sich n Pfund Mortadella gemischt die Bedienung war letztes
	Mal schon perlmutterblond nur ihre Pickel am Mund
haben die Eiterhäubchen verloren ich bin an der Reihe
	hätt gern n Rumpsteak sie fragt Messer am Anschlag wie dick
kalt heut Morgen sie reibt sich die Finger ich kriege das Geld nicht
	gleich aus der Hose sie lacht Nummer zu eng oder was
weiß nichts dagegen grinse und schau sie nicht an mit dem Frühstück
	raus auf die Straße da steht unten bei Aldi n Pulk
gibts was zu kucken das Pflaster voll mit Scherben da bin ich
	nachts doch noch langgerannt nicht dass die Liebe versagt
war mir die ganze Zeit im Kopf rumgedudelt die Scheiben
	hat man wieder ersetzt kauf ich jetzt endlich Briketts



Gigolo Kleiststraße


hälsdu aber die Klappe jetz hälsdu aber die Klappe
	volle Kanne geschrien kleine verlotterte Sau
alles Glotz in die Ecke da gehen sie hoch das Gegrapsche
	schon im Gange ein Glas scharf übern Tischrand der Wein
schön mit Effet aufs Hosenbein und saut Flecke ins Polster
	schlagartig stoppt die Musik is jetz bald Schluss mit dem Scheiß
schrill von der Theke der Kleine stramm in den Locken gepackt der
	zerrt den Grauen und ratsch flutscht dem die Wampe heraus
gleich der ganze Verein auf den Beinen das machsdu nich noch mal
	lass mich in Ruhe der quetscht unsereins aus bis aufs Hemd
alle hin und drauflos der Gelockte nicht mehr zu sehen
	zwischen den Händen das klatscht voll in die Meute verschärft 
ab Richtung Ausgang ein Schmetterling mit langer Perücke
	mittendrin wie ein Turm kreischt und der Arm ist gekrümmt
wie er den Lockigen hebt doch der reibt sich dauernd am Auge
	raus jetz der Rest immer mit plötzlich vergeht dir der Spaß



Römische Botschaft Tiergarten


was für Chancen, das Rosengestrüpp ohne Schnitt zu passieren,
	kaum vernehmbar ein Pfiff aus der gestutzten Chaussee,
kaum dass es knackt am Boden, wer da, vielleicht, wenn die heimlich
	hingehaltene Hand hölzern und das Gesicht
glatt ist, ein hilfloses Heiligenbild, verrät dich das Atmen,
	trocknet langsam die sonst spielende Zunge, und stumpf
glänzen die Zähne, was aber, wenn ein Kastanienregen
	kommt, wo jede Flucht, Wirbel für Wirbel, doch längst
festgefahren ist, und du steckst im Baum und wirst ruck, zuck
	aufgegriffen, sobald Trommeln das Dickicht zerhaun,
wenn du die Spucke schluckst, bevor dich ein Tier befällt, und dann zieht dir
	über die Ohren das Fell jedes gesprochene Wort,
schnell die Losung gesucht, die offene Schwelle, gefunden den
	Windort, Blütenlicht, das seine verdoppelte Schrift
auf die kunstvoll verzierte Treppe geschmiert hat, der Nacken
	wurde dir da geleckt, nichts hat dich länger im Griff 

(Manuskript, unveröffentlicht)
 
>> Lyrik