|
GÖTTERDÄMMERUNG schon beim frühen Versuch ohne Verletzungen auf die Bühne zu gehen lauert die Welt am Weg Auspuffgase verwehen Börsenkurse in Zeitungen an den Nutten vorbei klafft etwas auf ein Kind hält ein Messer im Arm schüttelt die Lockenpracht wittert sich in erstickten Spielen Siegfried verliert sich nicht Sonnengeometrie greift in die dichte Stadt dass dem Mann an der Wand neben dem Supermarkt frisches Bier aus dem Magen läuft verpflichtet uns beide nicht in den Nebel gesetzt wartet ein Geisterdom Sterben steckt in der Welt sprechen die Bretter aus dämmernd bleiben wir stecken wenn der Schlüssel den Weg versperrt Siegfried singt in den Staub Götter erlöst er nicht Wotans Halle im Kopf proben wir Untergang letzte Woche noch hat man leicht gehustet und Holz gesägt weht der Staub auf den Rang lacht eine Utopie schöpft ein Gott von der Welt noch Dividenden ab Hagens Speer ist aus Pappe würde Blut fließen wär es keins (erschienen in: Einhornjagd und Grillenfang. PoCul-Verlag) BARRANQUILLA 88 an die Startbahn gestellt ragt eine Sandburg auf Götter warfen im Traum Infrastruktur an Land pfeifend gleitet die Boeing zum karibischen Regenwald Marmor fängt sich den Hall unserer Schritte ein zweimal täglich geweckt stehen die Gänge stramm Finger haben die Wände an den Wasserklos braun verziert draußen fasst uns die Glut saugt sich am Gaumen fest senkrecht über der Stirn regnet ein Licht herab dass die Augen sich gegen jeden Willensbefehl versperrn mit dem Bus bis zur Stadt heizt uns der Fahrer ein grelles Salsagedröhn schafft sich hysterisch Platz aus den offenen Fenstern weht ein kühlender Wind ins Hemd still verdeckt ein Plakat das was dahinterliegt Zähne lächeln uns zu niemand versteht zuerst weiße Wäsche hängt flatternd vor dem wackligen Holzverschlag Hütten fliegen vorbei aber die Blicke sind bei der rasenden Fahrt schwer zu erkennen denn alle Hände sind schmierig und es schaukelt uns hin und her ineinander gequetscht müde und überreizt im Pupillenreflex duckt sich ein Geierschwarm Leute wühlen im Abfall doch der Salsa verschluckt sie ganz vorm Hotelfenster liegt weiter entfernt der Fluss Urwald säumt ihn man sagt dass die Malaria- übertragenden Fliegen im Moment nicht geschlechtsreif sind drohend hängts in der Luft über dem Hinterhof zum Transistorgedröhn wiegt sich gekonnt ein Paar was da tief in den Augen funkelt löst eine Sintflut aus krachend fährt es herab klimatisiert und kühl streichelts über die Haut draußen verströmt ein Rausch der uns dösend im Jetlag nackt und krank auf die Betten drückt eine neue Gefahr streunende Hunde drehn ihre Spürnasen her nehmen die Wittrung auf trotz der Nacktheit verrät uns diese duftende Seifenhaut jagen hinter uns her zu den lehmigen Slums Regen hat aus dem Dreck dicken Morast gemacht keuchend bleiben wir stecken und beschnuppern die Dunkelheit abends brachte der Bus Gala-gekleidete deutsche Sänger ins hell leuchtende Opernhaus High-Technology tauchte vierzig Rachen ins Rampenlicht Klänge füllten den Raum starr und befremdend still sprangen Töne ans Ohr staunten die Wände an keine lauschende Seele hatte so etwas je gehört krachend kam der Applaus flüchtige Stimmen schrien Zähne blitzten herauf Blicke verfehlten sich waren Träumende heimlich an der Kasse vorbeigehuscht als geladener Gast hinter verschlossner Tür beim beleuchteten Pool griff sich die Luft wie Samt dunkle Dienerschaft füllte goldne Kehlen mit Whisky ab fern verrauschte die Nacht aber der Salsa klopft noch im dröhnenden Kopf als uns die Boeing steil in die Dämmerung trägt und unten schlafende Hunde weckt (erschienen in: In diesem fernen Land. Edition Karlsberg) >> Haikus |
|